Magazine April 2014

Die textile Welt im Blick: von Tradition bis Produktivität

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Immens gewachsen – unklarer Exportanteil

Die Nonwovens-Produktion in China ist von weniger als 100.000 Tonnen in den frühen neunziger Jahren auf mehr als 2 Millionen Tonnen in 2012 angestiegen. Grund hierfür ist der erhöhte Bedarf an Vliesstoffen in China und auch ein erhöhter Export von Nonwovens aus China oder von Produkten, in denen Nonwovens verarbeitet wurden. Es fällt jedoch schwer, genau zu definieren, welcher Anteil an den Nonwovens-Produkten, die in China produziert wurden, letztendlich außerhalb Chinas landet.

Betrachtet man die Statistiken der wichtigsten Herstellerländer außerhalb Chinas, so kann man auch hier zumeist einen sehr deutlichen Anstieg der Nonwovens-Produktion feststellen. Produktionszuwächse im zweistelligen Prozentbereich pro Jahr sind hier keine Seltenheit. Dies könnte darauf hindeuten, dass ein Großteil der in China produzierten Nonwovens auch im eigenen Land verbraucht wird.

Babys und Umweltschutz brauchen Vliesstoffe

Allgemein hat das Einkommen in den östlichen Gebieten Chinas eine Schwelle überschritten, die der Bevölkerung den Luxus von signifikant steigendem Konsum ermöglicht. Dies hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf den Bedarf an Nonwovens.

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Man betrachte zum Beispiel nur einmal den Markt für Babywindeln: Der Bedarf an Einweg-Babywindeln ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen – eine klare Auswirkung von mehr verfügbarem Einkommen. Noch immer verwenden jedoch weit weniger als 40 % aller Eltern in China Einwegwindeln für ihre Babys. Hier wartet noch ein riesiger Marktzuwachs. Gleiches gilt für den Bereich Wipes und Personal Care.

Im technischen Bereich sind Filteranwendungen ein Wachstumssegment für Nonwovens. Die chinesische Staatsführung beschäftigt sich eingehend mit dem Thema „Kampf gegen Smog und Umweltverschmutzung“. Ziele sind saubere Luft, weniger Abgase und mehr Lebensqualität. Schärfere Gesetzesvorlagen werden den Bedarf an verschiedensten Filtermedien künftig weiter stark ansteigen lassen.

Just an imageChinesisches Eisenbahnnetz: im Osten gut ausgebaut, im Westen noch dünn. Bild: Wikipedia

Erschließung des Westens – Geotextilien sind gefragt

Erwähnenswert ist auch die „Go-West-Strategie“ der chinesischen Regierung, also die Entwicklung des Westens Chinas. Hierzu wurden mehr als 400 Milliarden Euro bereitgestellt. Fast die Hälfte dieses Betrages ist für den Ausbau von Schienennetz, Autobahn und Flughäfen gedacht. Dies wird einen erhöhten Bedarf von Geotextilien zur Folge haben: Auch diese Produktgruppe ist ein weiteres stark wachsendes Segment in China.

Schon jetzt zeigt diese Strategie Wirkung. Das Bruttoinlandsprodukt Westchinas übersteigt im Wachstum teilweise die Zunahme in den östlichen Regionen des Landes. Der Bedarf an Nonwovens wird also auch in Ostchina steigen, und somit auch die Anzahl an Firmen, die Nonwovens produzieren. Die dadurch entstehende Nachfrage nach Vliesstoffen wird wahrscheinlich durch Produktionskapazitäten in China gedeckt werden. Viele etablierte westliche Firmen produzieren in China daher eher, um den lokalen Markt zu bedienen, nicht unbedingt, um Produkte zu exportieren.

Die Gefahr, dass ein Großteil der Nonwovens produzierenden Firmen nach China verlagert wird, ist daher als eher gering einzustufen. Bis jetzt hat sich die Verlagerung von westlichen Nonwovens-Firmen nach China jedenfalls in Grenzen gehalten. Während von den späten neunziger Jahren bis zum Jahr 2003 zum Teil 25 % der produzierenden Betriebe ihre Produktion teilweise oder ganz nach China verlagerten, bewegte sich der Prozentsatz bei Nonwovens produzierenden Betrieben im einstelligen Bereich.

Auslaufender Trend – Produktionsverlagerungen

Seit 2006 ist der Trend zur Produktionsverlagerung nach China ohnehin allgemein rückläufig: Im Jahr 2012 erreichten solche Produktionsverlagerungen den niedrigsten Stand seit 18 Jahren. Es ist sogar ein Anstieg der Zahl an Firmen zu verzeichnen, die ihre Produktionsstätten wieder aus China auslagern. Hauptgründe sind hierbei Faktoren wie der Anstieg der dortigen Personalkosten, die hohe Personalfluktuation und die mangelnde Ausbildung der in China verfügbaren Arbeitskräfte. Aber eine Rückverlagerung aus China muss nicht immer problemlos verlaufen: Einige westliche Länder haben sich in den vergangenen Jahren so stark auf den Dienstleistungssektor konzentriert, dass es auch dort teilweise schwer ist, qualifiziertes Personal zu finden.

Die Gründe für eine Standortverlagerung nach China, die für viele produzierende Betriebe gelten, sind für Nonwovens produzierende Firmen nicht im gleichen Ausmaß relevant: Eine typische Nonwovens produzierende Firma ist nicht personal- sondern investmentintensiv. Lohnkosten sind für die meisten Nonwovens-Hersteller daher nicht der Hauptkostenfaktor, sondern die Rohstoff- und Transportkosten.

Fazit: China ist ein rapide wachsender Markt, der noch für viele Jahre ein höheres Wachstum an Nonwoven-Produkten aufzeigen wird als die meisten anderen Länder. Eine Verlagerung von Nonwovens produzierenden Firmen nach China im großen Stil ist jedoch nicht ersichtlich. International tätige Firmen werden weiterhin Produktionsstätten in China eröffnen, um den lokalen Markt zu bedienen und sicherlich auch einen Teil der produzierten Ware exportieren. Ein Aussterben der Nonwovens-Produktion außerhalb Chinas ist aber nicht zu erwarten.