Magazine Juli 2010

Aktuelle Informationen aus der textilen Welt

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Ultrafeine Rundgestricke im Fokus

Der Trend zu immer feineren Feinheiten stellt Maschinenbauer, System- und Teile­lieferanten vor immer neue Herausforderungen. Diese erstrecken sich über die gesamte textile Wertschöpfungskette. Aus der Sicht eines Systemlieferanten ergeben sich unterschiedlichste Erfordernisse. Der nachfolgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick: von den Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten ultrafeiner Strickstoffe bis hin zum anforderungsgerechten Vernähen.

Schritt für Schritt zum perfekten Rundgestrick

Maschenwaren, insbesondere Strickwaren, zeichnen sich durch vielfältige Einsatz­gebiete aus. Durch die Verarbeitung sehr feiner Garne in Maschinen mit Teilungen von E40 und feiner sind sehr leichte Strickstoffe möglich. Dennoch können diese eine hohe Funktionalität aufweisen – und für Unterbekleidung, Oberbekleidung sowie im großen Bereich der technischen Textilien Anwendung finden. Die Markteinführung ultrafeiner Strickstoffe hat dem Strickwarenhersteller auch alternative Absatzgebiete geöffnet, die bisher nur für Web- und Wirkwaren relevant waren.

Hinweg über die gesamte textile Kette gilt es folgende Aspekte zu berücksichtigen:

1. Eigenschaften ultrafeiner Strickstoffe

Ultrafeine Strickstoffe weisen gleichzeitig sehr hohe Maschendichten und eine unvergleichbar glatte, homogene Oberfläche auf. Am Beispiel der Feinheit E66 beinhaltet eine Fläche von nur einem Quadratzentimeter sage und schreibe 2.600 Maschen.

Einzelne Maschen sind für das menschliche Auge dabei nicht mehr zu erkennen. Durch die Verwendung von Mikrofasergarnen und Elastan wird dieser Effekt weiter verstärkt. Neue optische Designs beim Färben und Drucken sowie eine blickdichte Warenoptik trotz geringem Gewicht sind dadurch möglich. Die Stoffe sind sehr weich, hoch elastisch und passen sich dem Körper optimal an.

Dank des besonders angenehmen Tragekomforts mit seidenweichem Griff eignen sich die ultrafeinen Stoffe ideal für Textilien, die direkt auf der Haut getragen werden, wie zum Beispiel Unterwäsche, Schlafanzüge oder Tops. Auch bei Miederware, Oberbekleidung – einschließlich Sport- und Freizeitbekleidung – und Badebekleidung sind ultrafeine Stoffe vielseitig einsetzbar. Andere mögliche Einsatzgebiete sind medizinische oder technische Anwendungen, hier etwa industrielle Filter.

2. Voraussetzungen für die Herstellung ultrafeiner Stoff

Die Herstellung ultrafeiner Strickstoffe hängt von den Möglichkeiten der Strickmaschine und von den Eigenschaften des eingesetzten Garns ab.

Just an imageGroz-Beckert Qualitätszylinder von 7 bis 60 Zoll und Feinheit E3 bis E68

2.1 Strickelementeträger

Je höher die Anforderungen an die Feinheit, desto wichtiger wird eine präzise Fertigung der Zylinder. Denn nur auf dieser Basis können gleichmäßige Maschen erzeugt werden. Für einen harmonischen Strickprozess sowie ein gleichmäßiges Maschenbild auf Großrundstrickmaschinen mit feinsten Teilungen sind mit höchster Präzision gefertigte Zylinder und Platinenringe sowie höchste Genauigkeit in der Abstimmung zwischen Zylinder und Platinenring beziehungsweise Rippscheibe erforderlich. Groz-Beckert garantiert konstante Präzision für alle Feinheiten in seinem Produk­tionsprogramm, das nahezu alle Durchmesser bis zu 60 Zoll und von E3 bis E68 umfasst.

Just an imageGroz-Beckert Stricknadel in Pressung 0,21 mm

2.2 Stricknadel

Ein ruckfreies Maschengleiten ist wichtig für eine gute Warenoptik und für ein fehlerfreies Gestrick. Deshalb sind Geometrie und Oberfläche im Fadengleitbereich der Stricknadeln von besonderer Bedeutung, wenn es um die dauerhaft präzise Herstellung von Maschenwaren auf Großrundstrickmaschinen mit feinsten Teilungen geht.

Just an imageSeitenansicht Nadelkopf: konischer Haken

Groz-Beckert Innovationen

Beim konischen Haken ist der Querschnitt im Bereich der Hakenwurzel vergrößert und verjüngt sich kontinuierlich bis zur Hakenspitze. Durch die Reduzierung der Zungenkopfbreite vermindert sich auch das Gewicht der Zunge und damit der durch den Zungenaufschlag bedingte Verschleiß auf dem Haken im Formeindruck und an der Zunge. Diese Verschleißreduzierung im maschenbildenden Teil der Nadel führt wiederum zu einer längeren Lebensdauer.

Der konische Haken erlaubt es, die Nadel so zu konstruieren, dass im Vergleich zu Nadeln mit zylindrischem Haken ein größerer Fadenfreiraum zwischen Nadelkopf und Kulierplatine entsteht. Dadurch können sowohl Effektgarne als auch qualitativ schlechtere Garne mit Dickstellen und Knoten problemlos in bester Qualität verstrickt werden. Wenn zum Beispiel Garne mit ausgeprägten Dickstellen oder starken Knoten verstrickt werden, kann es passieren, dass der Haken aufgezogen wird. Dies kann Längsstreifen oder Doppelmaschen verursachen, die teilweise erst nach der Ausrüstung der gestrickten Ware zu erkennen sind.

2.3 Einschließ-/Abschlagplatinen, Niederhalteteile

Perfekte Oberflächenqualität, Kantenverrundung und geometrische Präzision, hohe Verschleißfestigkeit und generelle Festigkeit: Die Anforderungen an die Stricknadeln bei der Herstellung von ultrafeinem Strickstoff gelten auch für alle anderen Maschinen­elemente auf einfonturigen Rundstrickmaschinen, die den Maschenbildungsprozess unterstützen, ob Platinen oder Niederhalteteile.

2.4 Strickmaschinenperipherie

Bei der Herstellung fehlerfreier ultrafeiner Strickstoffe sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Fadenzuführung: gleichmäßige und möglichst geringe Fadeneinlaufkräfte (z.B. positive Fournisseure mit magnetischen Bremsringen, leichtgängige Elastan-Umlenkrollen beim Elastan-Einsatz)

  • Warenabzugssystem: konstante und möglichst geringe Abzugskräfte am gesamten Umfang des Warenschlauchs (z.B. elektromotorisch gesteuerter Warenabzug und verstellbarer Viereck-Breithalter)

  • Warenaufwicklung: Verhindern, dass die sehr empfindlichen ultrafeinen Strickstoffe beim Aufwickeln "Bruchkanten" erhalten (verschiedene Maschinenbauer bieten Entdoubliereinrichtungen an)

  • Schmierung: eine präzise Schmierung der maschenbildenden Elemente mit geeigneten Ölen. Bei höheren Maschinenfeinheiten gewinnt der optimale Ein­satz des Nadelöls größere Bedeutung. Ziel ist eine ausreichende Schmierung über alle Arbeitsbereiche sowie gute Auswaschbarkeit mit wenig Reinigungs­chemie und bei niedrigen Waschtemperaturen. Um den Kunden auch in diesen Fragen maßgeschneidert beraten zu können, hat Groz-Beckert ein übergreifendes Servicekonzept für Nadelöle aufgebaut.
  • Überwachungssysteme: Waren- und Nadelüberwachungs-Einrichtungen zur Vermeidung von laufenden Fehlern

  • Faserflugentsorgung: effektive Blas- und Saugeinrichtungen an der Strickmaschine (1)

2.5 Garn

Der Bereich von einsatzfähigen Garnstärken bei gesponnenen Fasergarnen für ultrafeine Gestricke in Single Jersey Maschinen erstreckt sich von ca. Nm 150/1 bis Nm 250/1. (2) Doch der Faserrohstoff steht in diesen Qualitäten nur sehr begrenzt zur Verfügung. Die Produktion ist im Vergleich zu den konventionellen Garnstärken sehr gering und nur wenige Spinnereien sind in der Lage, solch feine Fasergarne herzustellen. Daher finden synthetisch hergestellte Garne (PA, PES) mit Garnstärken von 22 - 50 dtex vermehrt Einsatz für ultrafeine Gestricke. Elastan wird in den Stärken 13 - 22 dtex in Mischung mit anderen Faserstoffen eingesetzt. Durch die Nutzung von Mikrofasern können ultrafeine Strickstoffe mit besonderen funktionellen Eigenschaften hergestellt werden.

2.6 Veredlung

Die Veredlung ultrafeiner Strickstoffe verlangt besondere Aufmerksamkeit, da die eingesetzten Garne, zum Beispiel Mikrofasergarne, im Vergleich zu konventionell eingesetzten Garnen sehr empfindlich sind. Deshalb sollten die Veredlungsprozesse wie Färben und Ausrüsten geprüft und gegebenenfalls modifiziert werden, um mögliche Schleifkontakte und damit verbundene Kapillarbeschädigungen zu vermeiden.

Die Stoffe müssen während den gesamten Veredlungsprozessen spannungsarm und unter geringen thermischen Belastungen behandelt werden. So gilt es etwa, das Färben nur in horizontalen Jet-Färbemaschinen zu realisieren. Bei der Veredlung feiner und feinster Strickstoffe kommt der Avivage im Hinblick auf die Vernähbarkeit eine Schlüsselstellung zu.

2.7 Vernähen

Beim industriellen Nähen erreicht die Nadel sehr hohe Geschwindigkeiten. Die textilen Fasern oder Garne müssen der Nadel im Einstichbereich in der unglaublich kurzen Zeit von 0,0003 Sekunden ausweichen, indem sie von ihr verdrängt werden. Maschenfäden erfahren beim Nadeldurchstich eine starke Verdrängung unter hoher Reibung, was im Extremfall zu Sprengschäden führen kann. Feines Nähgut mit mangelhafter Ausrüstung ist dann nur noch schwer ohne Beschädigungen zu vernähen. Um bei der Konfektionierung feinster Strickstoffe Maschenschäden zu vermeiden, müssen folgende Punkte berücksichtigt werden.

  • Einsatz der richtigen Nadel:

    Die nähtechnisch fehlerfreie Verarbeitung feiner Materialien stellt sehr hohe Qualitätsanforderungen an die Nähnadel. Oft verlangt sie den Einsatz von Sonderanwendungsnadeln, um die Prozesssicherheit im Nähbetrieb zu gewährleisten. Groz-Beckert bietet hierfür ein umfassendes Portfolio.

    Je dicker die Nadel, umso größer die Verdrängung und die Sprengwirkung beim Einstich. Daraus entsteht die Forderung nach einer möglichst dünnen Nadel – zum Beispiel Stärke Nm 55 – für die Verarbeitung feinster Strickstoffe.

  • Auswahl der geeigneten Nadelspitze:

    Für feine und feinste Strickstoffe bieten sich Nadeln mit einer leicht verrundeten Spitze an. Bei feiner Interlockware empfiehlt sich die RG-Spitze, bei feiner und feinster Maschenware mit Elastananteil die FFG- Spitze – und bei Maschenware mit erhöhtem Elastananteil die FG-Spitze.

    Für optimale Prozesssicherheit muss die Nadelspitze regelmäßig geprüft und falls nötig rechtzeitig ausgetauscht werden.

  • Anpassen der Maschinendrehzahl:

    Falls es bei der Verwendung von dünnen Nadeln zu unregelmäßigen Nähten, Fehlstichen und Nadelbrüchen kommt, muss die Stichgeschwindigkeit an die Anwendung angepasst werden. Dies sollte jedoch erst als letzte Option in Betracht gezogen werden.

2.8 Sonderanwendungsnadel SAN® 10

Die gesamte Geometrie der SAN® 10 Nadel wurde gezielt auf die Probleme bei der Verarbeitung von feinem und kritischem Nähgut ausgerichtet und ermöglicht eine nahezu problemlose Verarbeitung bei hohen Maschinengeschwindigkeiten.

Groz-Beckert empfiehlt den Einsatz von SAN® Nadeln generell bei:

  • Nähgut mit hoher Neigung zur Materialbeschädigung
  • extrem empfindlichem Nähgut, das nur noch bei minimalen Drehzahlen und mit dünnsten Nadeln verarbeitbar ist

  • Quellen

    [1] Ultrafeine Maschenstoffe, Aif-Nr. 13261, ITV Denkendorf

    [2] Heitmann, Uwe: Feine Garne für Strickmaschinen mit feiner Teilung, Melliand Textilberichte, 7-8/2008, 256-257

    [3] Vernähen von Maschenware, Amann Service+Technik, Amann& Söhne GmbH & Co.