Die Textile Welt im Blick: Von Kunst bis Kult
Lumen – gestricktes Licht
Die Verwendung von Textilien bei der Schaffung von Wohnraum hat eine lange Tradition. Bereits vor Tausenden von Jahren wurden sie für Behausungen wie Zelte verwendet. In der jüngeren Vergangenheit erfahren Textilien neues Interesse – nicht nur in der reinen Konstruktion, sondern auch unter funktionellen und ästhetischen Aspekten – und verbinden so Architektur, Zweckmäßigkeit und Kunst.
Gestricke in Kunst und Architektur
Der Trend zur sogenannten „weichen Architektur“ hat sich unter anderem deshalb entwickelt, weil das Wohnen der Zukunft zum einen aktuelle Probleme lösen und zum anderen neue Möglichkeiten schaffen soll. Eine große Rolle spielt dabei unter anderem die Biomimetik – das Nachahmen von Prozessen und Designs aus der Natur. Auf diese Weise sollen Aspekte wie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in das moderne Leben integriert werden. Durch diesen Anspruch hat sich die Verwendung von Textilien in der Baubranche zu einem Fachgebiet entwickelt, das ein großes Maß an technischem Know-how erfordert.
War früher das Weben das gängige Verfahren zur Herstellung von Textilien, die zur Beschattung oder für Behausungen verwendet wurden, spielt heute die Technologie des Strickens eine immer größere Rolle, denn sie erlaubt ein hohes Maß an Detailgenauigkeit und Flexibilität beim Endprodukt. Das Textil kann direkt in die gewünschte Form gestrickt werden, und benötigte Funktionen können im Muster gleich mitberücksichtigt werden, ohne die Notwendigkeit nachträglicher Arbeitsschritte. Durch gezielte Kombination von Garnen mit verschiedensten Eigenschaften und den Einsatz unterschiedlicher Strickmuster entstehen Textilien, die Ansprüche an Funktionalität, Haltbarkeit und Ästhetik erfüllen, die Natur nachahmen oder auch in der Kunstwelt Anerkennung finden.
MoMA PS1 Young Architects Program
Um talentierten Nachwuchsarchitekten die Möglichkeit zu geben, innovative Projekte zu designen und zu präsentieren, hat das Museum of Modern Art New York (MoMA) in Zusammenarbeit mit dem MoMA PS1 – eine Vorreiterinstitution für zeitgenössische Kunst in Queens, New York City – das Young Architects Program ins Leben gerufen. Jedes Jahr erhalten einige ausgesuchte Architekten die Aufgabe, einen originellen Entwurf für eine befristete Installation im Außenbereich des MoMA PS1 auf Long Island zu erarbeiten, der den Besuchern mit Schatten, Sitzgelegenheiten und Wasser in den Sommermonaten Erholung bietet und gleichzeitig als Veranstaltungsort für Konzerte und andere Events des MoMA PS1 dient.
Lumen – gestricktes Licht
Die diesjährige Gewinnerin dieses Wettbewerbs ist Jenny Sabin mit ihrem Projekt Lumen. Die Designerin beschreibt ihr Werk als „gestricktes Licht“, da es fast ausschließlich aus Textilien besteht, die unter bestimmten Bedingungen leuchten. Es wurden sowohl recycelte Textilien als auch speziell angefertigte Gestricke aus Hightech-Garnen verwendet. Das namensgebende Licht wird durch die eingesetzten responsiven Hightech-Garne erzeugt; einem photolumineszenten Garn, das tagsüber Licht und UV-Strahlung absorbiert, anschließend wieder abgibt und dabei leuchtet, und einem solaraktiven Garn, das die Farbe verändert, wenn es dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Aus diesen beiden Garnen wurde ein Baldachin gestrickt, der von den Wänden des Innenhofs und drei etwa sechs Meter hohen wassergefüllten Stahltürmen gehalten wird. Das in den Türmen enthaltene Wasser wird durch einen Zerstäubungsmechanismus verteilt, der in den „Textil-Stalaktiten“ versteckt ist und durch die Nähe von Besuchern ausgelöst wird.
Das beeindruckende Design wurde ursprünglich am Computer entwickelt, die digitalen Anfertigungspläne im Studio entworfen und dann in Simulationen und Skizzen umgesetzt. Anschließend wurden die einzelnen Zellen und Stalaktitenformen auf Flachstrickmaschinen hergestellt. Während die Designerin bei früheren Werken verschiedene Herstellungstechniken kombinierte, enthält ihr Lumen-Projekt keine handgestrickte Komponente; alles wurde digital erstellt und maschinell gefertigt.
Die Gewinnerin
Jenny Sabin ist Inhaberin des Architekturbüros Jenny Sabin Studio und Leiterin des Sabin Design Lab, eine Einrichtung des Architekturprogramms der Cornell Universität (Ithaca, NY, USA), wo sie auch als Dozentin im Bereich Design und sich entwickelnder Technologien lehrt. Ihr preisgekröntes Projekt Lumen ist nur das neueste in einer ganzen Reihe von Designs, die die Schnittstelle zwischen Architektur und Wissenschaft beleuchten. Sie hat in der Vergangenheit schon ähnliche Installationen aus gestrickten Materialien entwickelt: 2012 in Zusammenarbeit mit Nike für die Präsentation deren Flyknit Kollektion und einen von der Stadt New York in Auftrag gegebenen Pavillon mit dem Namen PolyThread. Damit ist Jenny Sabin eine der Pionierinnen dieser neuen Entwicklung in der Architektur des 21. Jahrhunderts, die Erkenntnisse und Theorien aus Biologie und Mathematik auf das Design materieller Strukturen anwendet.
Groz-Beckert Technologie- und Entwicklungszentrum
Auch Groz-Beckert bietet seinen Kunden Kooperationen zur Entwicklung und Umsetzung innovativer Ideen an. Unser Technologie- und Entwicklungszentrum (TEZ) verfügt über die dafür notwendige Infrastruktur. Haben Sie Interesse? Unsere Experten stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite
Alle Bilder: Lumen by Jenny Sabin Studio for The Museum of Modern Art and MoMA PS1’s Young Architects Program 2017, on view at MoMA PS1 from June 29 to September 4, 2017. Image courtesy MoMA PS1. Photo by Pablo Enriquez.
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Hätten Sie es gewußt?
Der Maschenabstand bei Stoffen der Feinheit E 66 beträgt 0,2 Millimeter. Dies entspricht in etwa der Dicke der Schutzfolie auf Ihrem Handy.